Prämien runter – Löhne rauf

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Gewerkschaftliche Gedanken zum 1. Mai 2024

Die Klatsche für die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände am 3. März hallt immer noch nach. Dieser historische Erfolg hat bekanntlich viele Mütter und Väter. Doch eine der wichtigsten Erkenntnisse ist sicher: Wenn alle progressiven und sozialen Kräfte am selben Strang ziehen, kann in diesem Land auch gegen die vereinte Wirtschafts- und bürgerliche Politelite ein Sozialausbau an der Urne durchkommen. Das Engagement von Freiwilligen in diesem Abstimmungskampf war so eindrucksvoll wie das Ergebnis selbst: In allen Landesteilen, von Jung bis Alt und vor allem an der Basis. Wir mussten im Verlauf der Kampagne etwa fünfmal Flyer nachdrucken, weil alle an den gemeinsamen Sieg geglaubt haben. Aus der Stadt wie auch aus den hintersten Tälern in der Ost- und Innerschweiz wurden Flyer bestellt. Wir haben im SGB-Sekretariat Briefumschläge mit 10er-Noten für die Kampagne erhalten mit dem Betreff: «Ein Tropfen auf den heissen Stein.» Das war nur eine von über 20’000 Kleinspenden. Das Ja zur 13. AHV-Rente hat bewiesen, was möglich ist und soll wegweisend sein für die Zukunft. Denn die Stärkung der AHV war erst der Anfang.

Die Zeichen stehen gut – warum? Es war die Wirtschaftselite selbst, die über ihre eigenen Füsse gestolpert ist. Wer das Gefühl hat, in einem Land mit direkter Demokratie könne man über Jahre hinweg Preise, Managergehälter und Dividenden erhöhen, während die Mittelschicht leer ausgeht und sogar Kaufkraftverlusten erleiden muss, der irrt sich gewaltig. Wer die Preise erhöht, nicht aber die Löhne, kann nicht glaubwürdig Zurückhaltung predigen. Normale Rentnerinnen, die ein Leben lang gearbeitet haben, sollen freiwillig den Gürtel enger schnallen, während bei denen oben die Champagnerkorken knallen. Das deutliche Ja zur 13. AHV-Rente ist die logische Konsequenz dieser Politik für die Oberschicht. 

Diese Korrektur durch die Bevölkerung muss uns mit der Prämienentlastungsinitiative erneut gelingen. Familien sowie untere Einkommen und mittlere Einkommen leiden unter der Prämienexplosion. Was uns die Kampagne für die 13. AHV-Rente gelehrt hat: Die Antworten auf die Probleme müssen einfach sein, so dass sie alle verstehen. Wer profitiert, wer bekommt was. «Rentner haben eine Monatsrente an Wert verloren, die 13. AHV-Rente gleicht das aus.» Genau diese Chance bietet die Prämienentlastungsinitiative. Mit dem Anstieg der Prämien um 8,7 Prozent zu Beginn des Jahres hat die Belastung für viele ArbeiterInnen und Familien die Schmerzgrenze überschritten. Viele Kantone haben ihre Budgets für Prämienentlastungen trotzdem zurückgefahren und senken stattdessen die Steuern für Gutverdienende. Oder kurz gesagt: Die Prämienbelastung wird für die Mittelschicht unerträglich, die Prämieninitiative entlastet die Familien, niemand soll mehr als 10 Prozent seines Einkommens für die Prämien ausgeben. Nehmen wir den Schwung also mit. Deshalb steht die unsoziale Finanzierung des Gesundheitssystem durch die Krankenkassenprämien am 1. Mai im Fokus.

Gleichzeitig ist die Lohnentwicklung der letzten Jahre sehr besorgniserregend. Unabhängig vom Ausgang der Abstimmungen muss es bei den Löhnen vorwärts gehen. Mit den Lohnabschlüssen auf 2024 konnte die Teuerung zwar mehrheitlich aufgefangen werden. Trotzdem kommen die Reallöhne seit 2016 kaum vom Fleck – obwohl die Arbeitnehmenden immer produktiver werden. Nach Jahren der rekordhohen Profite und Dividenden braucht es endlich kräftige Lohnerhöhungen. Denn wenn es so weitergeht, erhalten die Arbeitgeber und die Kapitalgeber ein immer noch grösseres Stück vom Kuchen.

Deshalb verstärken die Gewerkschaften ihr Engagement in der Lohnfrage. In diesem Sinne, heraus zum 1. Mai: Prämien runter, Löhne rauf!

Urban Hodel - Co-Leiter Kampagnen SGB 

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