Nach vorne schauen – und wählen!

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Gewerkschaftliche Gedanken zu den Nationalratswahlen

Zwanzigtausend Menschen haben am 16. September ihre Besorgnis, über steigende Lebenshaltungskosten und sinkende Kaufkraft, vors Bundeshaus in Bern und in die Medien getragen.

Gründe, um auf die Strasse zu gehen, gibt es viele: Die Lohnrunden waren in den vergangenen Jahren unbefriedigend. Inzwischen richten weniger als dreissig Prozent der Betriebe generelle Lohnerhöhungen aus. Vor allem untere und mittlere Einkommen gehen leer aus oder erhalten eine Lohnerhöhung, die hinter die Teuerung zurückfällt. Die Lohnschere in der Schweiz öffnet sich immer weiter. Der finanzielle Druck bringt viele Menschen um den Schlaf. Reicht das Geld Ende Monat noch für gesunde Lebensmittel? Wie stemme ich meine Krankenkassenprämie? Wie die ständig steigende Miete?

Stichwort Krankenkassenprämien: Im Spätsommer liess sich die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli verlauten, man solle über die Abschaffung des Krankenversicherungs-Obligatoriums nachdenken. Die Idee ist gefährlich, es drohen US-amerikanische Verhältnisse: die Krankenversicherung würde so für die meisten Menschen noch teurer oder schlicht unbezahlbar. Und ohne Versicherung steht man bei medizinischen Problemen schnell vor der Wahl: entweder auf eine Behandlung verzichten oder sich verschulden. Das wäre der grösste sozialpolitische Rückschritt der letzten Jahrzehnte.

Nur einen Tag vor Bekanntgabe des nächsten Prämienschocks und ein paar Wochen nach dem öffentlichen Nachdenken über die Abschaffung des Krankenversicherungs-Obligatoriums folgt im Kanton Zürich die nächste Hiobsbotschaft aus der Gesundheitsdirektion: während die Krankenkassenprämien regelrecht explodieren, ist die SVP-Gesundheitsdirektorin nicht bereit, den Kantonsbeitrag zu erhöhen – mit der Folge, dass dem Mittelstand die Prämienverbilligung gekürzt wird. Als wären steigende Mieten, Energiekosten und Krankenkassenprämien noch nicht genug, unternimmt die SVP-Gesundheitsdirektorin nichts, um den finanziellen Druck auf die breite Bevölkerung zu lindern.

Ein probates Mittel, um den Druck auf die Geringverdiendenden wenigstens ein bisschen zu lindern, wäre der in den Städten Zürich und Winterthur per Volksabstimmung angenommene Mindestlohn gewesen. Doch auch hier machen die Bürgerlichen Politik für die Arbeitgeber und für die, die schon genug haben: Sie fechten die Initiative vor Gericht an und verzögern so die Einführung des Mindestlohns um Jahre. Ein Schlag ins Gesicht für die Demokratie und für die Zweidrittel-Mehrheit, die diese Initative angenommen hat.

Die bürgerlichen Parteien haben kein Interesse an einer Verbesserung der Kaufkraft, an sozialem Ausgleich und sozialer Gerechtigkeit, an griffigen Umweltmassnahmen und einer fairen Migrationspolitik, an einer Schweiz mit Zukunft. Sie machen unsoziale Politik für Bonzen und Banker – auf Kosten der vielen und für die wenigen, die sowieso schon zu viel haben. Sie suchen die Zukunft der Schweiz im Rückspiegel, auf dem Rütli, im Inseldasein. Man kann das Leben zwar nur rückwärts verstehen, aber leben muss man es vorwärts, wie der dänische Philosoph Kierkegaard geschrieben hat. Deshalb: 
Wir brauchen starke Gewerkschaften für gute Arbeitsbedingungen, für faire Löhne, für ein gutes Leben, für eine Zukunft für alle. Wählt darum am 22. Oktober 2023 Gewerkschafter:innen in den Nationalrat – damit wir eine neue Mehrheit finden, die vorwärts schaut und vorwärts kommt.

Michèle Dünki-Bättig, Präsidentin VPOD Zürich Kanton und SP-Nationalratskandidatin

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