„EFAS wird direkt auf unsere Prämien durchschlagen“

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Gewerkschaftliche Gedanken zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes

Stunden verbringen wir derzeit auf der Strasse, sammeln Unterschriften gegen EFAS und diskutieren Fragen mit den Passant:innen: «EFAS, was? Referendum, warum?» Das Kürzel steht für eine kurz vor Weihnachten vom Parlament verabschiedete Änderung im Krankenversicherungsgesetz (KVG). Sie will die Macht der Krankenkassen massiv ausbauen und die Prämienzahler:innen noch stärker zur Kasse bitten. EFAS wird auch den Druck auf die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals verstärken und sie in den Pflexit treiben. Bereits jetzt verlassen schweizweit jeden Monat 300–400 Pflegefachkräfte erschöpft ihren geliebten Beruf. Wir halten EFAS für höchst bedenklich und sagen: Die Bevölkerung muss wissen, was auf sie zukommt und entscheiden können, ob sie das so will.

Die im Parlament beschlossene Gesetzesänderung sieht eine gesundheitliche Grundversorgung durch «Einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären» Leistungen (EFAS) vor. Heute bezahlen Kantone/Gemeinden, Versicherungsprämien und Selbstfinanzierung unterschiedliche Anteile an den ambulanten und stationären Bereich sowie an die Langzeitpflege (Heime und Spitex). Neu soll für die drei Kostenblöcke ein fixer Finanzierungsschlüssel gelten: 26.9 Prozent durch Kantone/Gemeinden sowie 73.1 Prozent durch Krankenkassenprämien und Selbstbehalte. Damit sinkt ausgerechnet in der Langzeitpflege der Finanzierungsanteil der öffentlichen Hand massiv. Hier, wo die Kosten am stärksten steigen, überwälzt EFAS sie auf die Kopfprämien. Dabei hatte das Parlament vor rund zehn Jahren mit gutem Grund beschlossen, die Krankenkassenbeiträge an diese kletternden Kosten zu «deckeln». Die Limitierung fällt mit EFAS weg. Das wird direkt auf unsere Prämien durchschlagen.

Ausserdem sammelt EFAS den Finanzierungsanteil der Kantone/Gemeinden – zurzeit elf Milliarden jährlich – und die Krankenkassenprämien in einem «Topf». Daraus verteilt ein «autonomer Ausschuss» die Gelder an die Kassen zur Begleichung unserer Rechnungen. «Ist so ein Topf denn keine gute Sache?» Fragt sich, wer ihn verwaltet. EFAS will, dass es die Kassen selbst sind! Am Ausschuss sind die Kantone bloss «angemessen zu beteiligen». Wie genau, weiss bisher niemand. Jedenfalls schmilzt der öffentliche Einfluss auf das öffentliche Gesundheitswesen. Was nichts anderes heisst, als dass EFAS den Gesundheitssektor einen weiteren Schritt in Richtung Privatisierung treibt.

«Was hat das alles mit den Arbeitsbedingungen zu tun?» Die Kassen werden Praxen, Spitäler, Heime und Spitex zu noch mehr Wettbewerb und Kostenoptimierung zwingen. So funktioniert ihre privatwirtschaftliche Logik. Sparen im Gesundheitswesen bedeutet Personalkosten senken. Die Löhne und die Personalschlüssel geraten also noch stärker unter den Hammer. Schon heute leistet das Gesundheitspersonal Zusatzschichten à gogo, ritzt die Ruhezeiten im Arbeitsgesetz, wird auch im «Frei» ständig mit Dienstanfragen gestört, steckt im Clinch zwischen eigenem Erholungsbedarf und Solidarität mit dem Team. EFAS wirkt der Pflegeinitiative entgegen, noch bevor etwas davon umgesetzt ist.

Ein Ja zum Referendum ist ein Ja zur Volksabstimmung. Ich sehe keinen Grund, weshalb 5.5 Millionen Stimmberechtigte nicht über eine Gesetzesänderung von 246 Parlamentarier:innen abstimmen sollten, die so weitreichende finanzielle und pflegerische Konsequenzen haben wird. Erst im Rahmen der Abstimmung kommen alle Argumente auf den Tisch. Vor allem die gegen den besonders unsozialen Einbezug der Langzeitpflege, welcher EFAS trotz langjähriger Debatte erst kurz vor Schluss untergejubelt wurde.

Mit deiner Unterschrift zum Referendum ermöglichst du eine Diskussion darüber, welche Gesundheitsfinanzierung wir stattdessen brauchen. «Welche denn?» Weg vom Renditendenken. Hin zu einer öffentlichen Einheitskasse und einkommensabhängigen Prämien.

Stephanie Fuchs – Regionalsekretärin VPOD Zürich

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