Bereits während der laufenden Session – und dann mit voller Wucht im kommenden Jahr stehen in der Altersvorsorge an allen Fronten Entscheidungen und Schlüsselabstimmungen an. Und es geht ums Ganze: alle drei Säulen sind in Reform. Doch wo stehen wir konkret?
Die Hälfte aller Neurentnerinnen und -rentner erhält heute eine Altersrente von unter 3’439 Franken pro Monat (AHV+BVG zusammen). Frauen sind noch stärker betroffen, sie haben über einen Drittel tiefere Renten als Männer; die Hälfte von ihnen muss mit einer Rente von unter 2'934 Franken auskommen. Altersarmut hat also auch ein weibliches Geschlecht. 50 Jahre nach der haushohen Annahme des 3-Säulen-Modells durch die Bevölkerung wird immer deutlicher sichtbar: die Leistungsgarantien der Verfassung gelten für immer weniger Menschen in diesem Land und drohen weiter zu verpuffen. Denn die Pensionskassenrenten sind im Sinkflug. Die Frauenrenten skandalös tief. Und die AHV-Renten halten mit den Löhnen nicht Schritt.
Doch trotz der immer grösseren Rentenlücke wollen die politischen Mehrheiten in Bern einzig die private Vorsorge ausbauen. Sowohl in der AHV wie auch in der 2. Säule schmieden sie Abbauprojekte. Den BVG-Kompromiss der Sozialpartner haben sie komplett auseinandergenommen und sämtliche sozialpolitischen Fortschritte gestrichen. Und konsequent reden sie die Finanzen der AHV schlecht – auch um Druck auf die Leistungen ausüben zu können.
Dank der Steuer- und AHV-Vorlage STAF hat die AHV 2 Milliarden Franken zusätzlich erhalten, es gibt also keinen unmittelbaren Handlungsdruck. Mittelfristig braucht die AHV in den nächsten Jahrzehnten noch ungefähr 2 bis 2.5 Lohnprozente bzw. bis 2045 alle 10 Jahre ein Lohnprozent. Als Vergleich: die ALV-Beiträge stiegen Anfang der 1990er-Jahre in drei Jahren um 2.6 Prozentpunkte – was heute fast niemand mehr weiss.
Doch bei AHV 21 geht es gar nicht um die Finanzierung der AHV, die Erhöhung des Frauenrentenalters ist für die AHV-Finanzen wenig relevant. Vielmehr schnürt das Parlament ein Abbaupaket auf dem Buckel der Frauen. 7 Milliarden Franken Rentenleistungen würde die Erhöhung des Rentenalters die Frauen kosten, oder konkret: jährlich 1’200 Franken weniger Rente pro Frau. Ab 2026 wollen der Bundesrat und die bürgerlichen Parteien dann das Rentenalter generell auf 67 erhöhen. Damit wird klar: AHV 21 ist nur der erste Schritt.
Dem stellen sich die Gewerkschaften in einem breiten Bündnis zusammen mit der SP entgegen – mit der Initiative für eine 13. AHV-Rente. Nur sie adressiert die Frage der Rentenhöhe. Und stellt sich damit nicht nur zum richtigen Zeitpunkt gegen die geplanten Abbauvorlagen, sondern läutet die dringend notwendige Gegenoffensive ein.
Die Initiative ist simpel, sie fordert die Einführung einer weiteren Auszahlung jener Rente, auf die man in der AHV Anspruch hat. So wie fast alle einen 13. Monatslohn haben. Auf eine monatliche Auszahlung gerechnet, bedeutet das eine Erhöhung der AHV-Renten um 8.33 Prozent. Und dies zu vergleichsweise moderaten Kosten. Aufgrund der ausgleichenden Eigenschaft der AHV profitieren Personen mit tiefen und mittleren Einkommen so am meisten, insbesondere die Frauen.
Viele sind sich nicht bewusst wie effizient die AHV gegenüber der privaten Vorsorge ist. Wir haben nachgerechnet. Dank AHV sparen Alleinstehende 200’000-250'000 Franken. Familien mit mittleren Einkommen sparen rund 400’000 Franken. Das zeigt: wir müssen die AHV ausbauen, um die realen Rentenprobleme zu lösen.
Gabriela Medici (stv. Sekretariatsleiterin SGB)