Der 1. Mai ist Ausdruck einer vielfältigen Schweiz, der 1. Mai ist Ausdruck einer offenen Schweiz. In der Gewerkschaft engagieren wir uns alle zusammen, um für unsere Rechte zu kämpfen, unabhängig von unserer Herkunft. Migrant:innen sind aus dem gewerkschaftlichen Leben nicht wegzudenken. Ohne die Arbeit von Migrant:innen wäre die Schweiz nicht das, was sie heute ist. Genauso wäre die Gewerkschaft ohne ihre Mitglieder mit migrantischem Hintergrund nicht die Organisation, die sie heute ist. Schon deshalb dürfen wir nicht zulassen, dass Arbeitnehmer:innen, dass Menschen in solche mit mehr oder weniger Rechten eingeteilt werden.
Der gemeinsame Kampf von Frauen und Männern, von Schweizer:innen und Zugewanderten, war eine wichtige Grundlage dafür, dass sich die Gewerkschaften in der Schweiz in den letzten drei Jahrzehnten behauptet haben. Gegen die immer schärferen Angriffe neoliberaler Arbeitgeberverbände einerseits. Gegen die Hetze der nationalkonservativen Milliardärs-Clique namens «SVP» andererseits.
Diejenigen, die ausländerfeindliche Politik betreiben und Ausländerfeindlichkeit schüren, sind oft die gleichen, die Tag für Tag versuchen, die Arbeits- und Lebensbedingungen aller Arbeitnehmenden zu verschlechtern. Sie vergiften unsere Gesellschaft. Denn sie profitieren davon, dass die soziale Ungleichheit zunimmt. Bürgerliche Politiker:innen bieten keine Lösungen für die berechtigten Sorgen der arbeitenden Bevölkerung, etwa wegen des Kaufkraftverlusts und der hohen Mieten. Stattdessen lenken sie mit Nationalismus und Ausländerfeindlichkeit ab und machen Geflüchtete und Migrant:innen zu Sündenböcken.
Ein alarmierendes Beispiel dieser Entwicklung ist die gefährliche SVP-Initiative gegen die sogenannte «10-Millionen-Schweiz», über die bald im Parlament diskutiert und an der Urne abgestimmt wird. Diese Abschottungsinitiative führt zum Ende der Personenfreizügigkeit und des Lohnschutzes und fordert einen noch härteren Kurs in der Asylpolitik.
Doch was die SVP in Wirklichkeit will, sind nicht weniger Migrant:innen, was sie will sind rechtlose Arbeitnehmende. Bis in die 1990er Jahre herrschte in der Schweiz ein System der Arbeitsmarktabschottung, das einen Teil der Arbeitnehmenden massiv benachteiligte. Ich rede vom fremdenfeindlichen Kontingentierungssystem und dem damit verbundenen Saisonnierstatut. Es bedeutete für Hundertausende von Kolleg:innen und für ihre Familien eine unerträgliche Diskriminierung. Dies war mit menschenunwürdigen arbeits- und Lebensbedingungen verbunden.
Sie wurden als billige Manövriermasse missbraucht. Die Ausbeutung der Migrant:innen ermöglichte bei guter Konjunktur grössere Profite. Bei einer Krise schob man sie in ihre Herkunftsländer ab – ohne Recht auf Arbeitslosenunterstützung. «Konjunkturpuffer» – so lautete die menschenverachtende Bezeichnung damals. Die Diskriminierung der Migrant:innen gehörte zur kapitalistischen Ausbeutungslogik.
Dahin will die SVP zurück. Doch wir brauchen keine Initiative, die immer neue und schärfere Diskriminierungen schafft, sondern wir brauchen Solidarität und Instrumente gegen Dumping, gegen Diskriminierung und zur Stärkung der Rechte aller. Nur wenn alle Arbeitnehmenden die gleichen Rechte haben, können wir vermeiden, gegeneinander ausgespielt zu werden. Der Kampf für die Rechte der Migrant:innen ist ein Kampf für die Rechte aller Arbeitnehmenden.
Und in diesem Zusammenhang sind wir immer für die Freizügigkeit der Menschen! Aber wir dürfen nicht zulassen, dass die Freizügigkeit von den Bossen dazu benutzt wird, die Arbeits- und Lebensbedingungen zu verschlechtern. Deshalb kämpfen wir dafür, dass die nichtdiskriminierenden Instrumente gegen Lohndumping umgesetzt werden. Wir kämpfen dafür, dass unsere Gesamtarbeitsverträge nicht ausgehebelt werden. Wir werden gegen alle Initiativen und Gesetze kämpfen, die neue Diskriminierung schaffen oder überwundene Diskriminierungen wieder einführen wollen. Und das müssen wir alle gemeinsam tun.
Und mit diesem solidarischen Kampf stärken wir die Schweiz gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.
Vania Alleva, Präsidentin Unia, Vize-Präsidentin SGB
Demonstration: 1. Mai 2025 | 10:00 Uhr | Zürich | Helvetiaplatz
Kundgebung: 1. Mai 2025 | 12:00 Uhr | Zürich | Sechseläutenplatz (Hauptrednerin Vania Alleva)
Aufruf des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und weitere Maifeiern
